Über den Sinn von Brainstormings wird viel geschrieben. Auch wir haben dazu unsere Meinung. Fest steht – Brainstormings gehören zum Agenturalltag und sind erprobtes Mittel um Ideen auf die Sprünge zu helfen.
Als Moderator von etwa einem Kreativmeeting pro Woche kann ich sagen: Am schwierigsten sind Meetings mit geübten Brainstormern. Unzählige Techniken haben sie erprobt, neue Impulse sind für sie Routine, verrückte Ideen allgegenwärtig. Das stumpft ab. Die Frage ist: Wie holt man ein routiniertes Kreativ-Hirn wieder von der Rolle?
Eine strukturierte und gut moderierte Kreativsession allein reicht nicht. Das Meeting muss um irritierende Momente ergänzt werden. Denn die Brainstorming-Technik, die eine Break-Through-Idee produzieren soll, darf nicht vorhersehbar sein, insbesondere wenn Kreativ-Junkies im Raum sitzen. Hier sind sieben Ideen für andere Hirnstürme:
Ortswechsel. Der Konferenzraum ist Routine. Wie wäre es aber mit einem Brainstorming im Fast-Food-Restaurant, in der U-Bahn, im Kunstmuseum oder Kindergarten? Statt Sterilität und abstraktem Marketingtalk zählen Nähe zu Menschen und Impulse aus dem wahren Leben.
Sinn, frei! 80 Prozent aller Informationen verarbeiten wir visuell. Was wäre, wenn wir diese Kapazität zur kreativen Problemlösung freisetzen, indem wir das „Auge ausschalten“? Brainstorming im Dunkeln, wir haben es ausprobiert und sind begeistert.
Gehirnjogging wörtlich nehmen. Niederländische Forscher haben herausgefunden, dass „körperliche Bewegung die Fähigkeit, flexibel zu denken, fördert”. Gerade im Bereich des konvergenten Denkens – also beim Finden der korrekten Lösung für ein Problem – schnitten die Sportler besser ab als ihre untrainierte Vergleichsgruppe. Wie wäre es also das nächste Strategiebrainstorming mit einem Lauftreff zu verbinden? Ein Brainstorming im Wanderschritt tut’s sicher auch.
Hirn aus! „Tiefe Langeweile ist der Höhepunkt geistiger Entspannung“, sagt der koreanische Philosoph Byung-Chul Han. Er warnt davor, dass sich hinter der „pompösen Kreativitätskulisse allzu oft eine Neuigkeitshektik verbirgt, die das bereits Vorhandene nur reproduziert und beschleunigt.“ Das klingt nach kreativer Massenware und Druck, dabei wollen wir neue Wege! Bringen wir also Entspannung ins Brainstorming und starten die nächste Kreativsession mit einer Meditation …
Outside-in: Jeder ist kreativ und wenn man einen Fremden von der Straße ins Kreativmeeting holt, dann bringt der 100% neuen Schwung. Okay, ganz neu ist dieser Prozess nicht, es gibt ganze Industrien, die funktionieren nach dem Open-Innovation-Prinzip. Man muss es nur zulassen und wird so auch belohnt.
Mit Konventionen brechen: Sieben Kollegen. Ein Raum. Weiße Wände. Flipcharts. Ideen an der Wand – normalerweise. Doch diesmal sitzen sie nicht. Sie liegen auf dem Boden und schauen an die Decke! Alle Gedanken werden mit einem Recorder aufgenommen. Der Perspektivwechsel, die neue Position, die Welt anders wahrnehmen – das reißt Kreative aus der Routine. Gern auch auf der duftenden Wiese …
Spinnen üben: Einstein sagte weise: „Kreativität ist Intelligenz, die Spaß hat.“ Also geben wir unserer Intelligenz einen regelmäßigen Grund „Spaß zu üben“. In der Spinnviertelstunde habe reale Probleme Sendepause. Hier wird gesponnen um des Spinnens wegen und es regieren Aufgaben wie: 15 weltbewegende Dinge, die man mit einem Plastikpinguin tun sollte…. Im Debattierclub, wo wir das Argumentieren üben, diskutieren wir ja auch Thesen wie „Rote Gummibärchen schmecken rot.“ Zumindest habe ich das mal getan.